Am 31. Mai 1934 lieh der Gesellschaftsklub "Fidelio" den vorhandenen Passionsspielfonds in Höhe von 2.200 Reichsmark in einem Vertrag zweckgebunden für eine Kirchenheizung, elektrische Glockengeläute und zum Bau eines Kreuzweges vom Fuße des Erbig zur Obernauer Kapelle an die Kirchenverwaltung Schweinheim aus. Die Verfügbarkeit des Kapitals für eine spätere Wiederaufführung des Passionsspieles war vertraglich gesichert.

Im Jahr 1935 gab Pfarrer Umenhof den Kreuzweg bei dem Glattbacher Künstler Bergmann-Franken in Auftrag. Die einzelnen Stationen wurden von Schweinheimer Maurern in ihrer Freizeit im altfänkischen Stil erstellt. Bergmann-Franken schuf in einem von ihm eigens entwickelten Enkaustik-Verfahren, welches die Leuchtkraft der Farben erhalten sollte, die Bilder an den Kreuzwegstationen. In der Zeit des 3. Reiches wurden die Malereien teilweise mutwillig beschädigt und später durch Witterungseinflüsse in Mitleidenschaft gezogen.

Instandsetzungsarbeiten

1954 übertrug der damalige Pfarrer von Maria Geburt, Vinzenz Buhleier, dem ursprünglichen Künstler die Renovierung des Kreuzweges. Im November begann Bergmann-Franken in seinem Glattbacher Atelier mit den Arbeiten. Mit seinem Sohn Udo, einem Keramikmeister, schuf er für alle Stationen mit Glasuren überzogene Keramikmosaiken. Am 27. Mai 1956 wurden die renovierten Stationen von Kapuzinerpater Alfons und Pfarrer Buhleier feierlich wieder eingeweiht.

Nach 26 Jahren waren erneute Reparaturarbeiten notwendig. 1982 wurden daher durch Fideliomitglieder die Stationen ausgebessert und neu gestrichen.

1999, über 40 Jahre nach der grundlegenden Instandsetzung, standen umfangreiche Sanierungsarbeiten an. Zahlreiche Geldspenden und freiwillige Helfer machten die Renovierung möglich. Die beschädigten Ziegeldächer wurden erneuert, die einzelnen Stationen wiederum ausgebessert und erhielten einen neuen Anstrich. Auch die kaputte Treppenanlage im Bereich der ersten Stationen wurde repariert. Die Sanierung der Mosaiken übernahm der Enkel des Künstlers, Bruno Bergmann aus Glattbach. Er ersetzte beschädigte Steine nach Vorlagen alter Fotos.

Im Jahr 2020 führten die beiden Schweinheimer Wolfgang Raub und Peter Rady die Tradition der Instandhaltung durch Ehrenamtliche fort. Die Mosaikbilder wurden ausgebessert und die Bildstöcke neu gestrichen.

Die Stationen

Die nachfolgenden Fotos zeigen die Stationen im Sommer 2020.


Station I - Jesus wird zum Tode verurteilt


Station II - Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern


Station III - Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz


Station IV - Jesus begegnet seiner Mutter


Station V - Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz zu tragen


Marienbildstock


Station VI - Veronika reicht Jesus das Schweißtuch


Station VII - Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz


Station VIII - Jesus begegnet den weinenden Frauen


Station IX - Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz


Station X - Jesus wird seiner Kleider beraubt


Station XI - Jesus wird ans Kreuz genagelt


Station XII - Jesus stirbt am Kreuz


Station XIII - Jesus wird vom Kreuz abgenommen


Station XIV - Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt

Die 15. und 16. Station

Eine Besonderheit stellen die sonst nicht üblichen Stationen 15. und 16. dar. Auf den beiden zusätzlichen Bildstöcken, die sich in der Birkenallee befinden, werden die "Auferstehung Jesu" und die "Kreuzauffindung durch die Heilige Helena" gezeigt.


Die Birkenallee


Station XV - Auferstehung Jesu


Station XVI - Kreuzauffindung durch die Heilige Helena

Die 16. Station wurde in den 1960er Jahren bei einer Übung der US-Armee bis auf den Sockel zerstört. Bei einer späteren Sanierung wurde diese wiederhergestellt. Da es keine überlieferten Abbildungen gab, entwarf Bruno Bergmann eine neue Darstellung als Abschluss des Schweinheimer Kreuzweges. Geht man von dort den Weg weiter geradeaus, gelangt man schließlich zur Obernauer Kapelle.

Verfasser: Sebastian Väth
Quelle: Beitrag von R. Stürmer,
"Fidelio aktuell", Juni 1993

Fotos: Philipp Väth